1982 hat Hermann Tilke sein Bauingenieurstudium, Vertiefungsrichtung Verkehrswesen, bei Prof. Hubert Achten an der FH Aachen mit einem Diplom abgeschlossen. Hier erlernte er die Grundlagen des Straßenbaus, die neben seiner Karriere als Rennfahrer einen Teil zum Erfolg seiner eigenen Firma beitrugen. Heute leitet er die Tilke GmbH & Co. KG, ein weltweit tätiges Planungs- und Bauunternehmen. Schwerpunkt: Renn- und Teststrecken für die Automobilindustrie, aber auch Infrastruktur und Hochbau.
Zwei Jahre nach seinem Abschluss machte er sich selbstständig, „um meinen Beruf besser mit dem Motorsport zu vereinbaren“, erzählt der heute 65-Jährige. In den Achtzigerjahren startete er bei der Tourenwagen-Europameisterschaft, gemeinsam mit berühmten Rennfahrern wie Tom Walkinshaw, Steve Soper und Gerhard Berger. Am 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring nahm er 23-mal teil. Die Nordschleife, die auf mehr als 20 Kilometer Länge durch die Eifel führt, ist noch immer seine Lieblingsstrecke – auch wenn er den Helm inzwischen an den Nagel gehängt hat. Die Erfahrung aus mehr als 30 Jahren Rennsport kommt Hermann Tilke zugute, wenn es darum geht, neue Rennstrecken zu entwerfen und zu bauen.
Sein erster Auftrag in diesem Bereich war die Planung eines Rettungswegs am Nürburgring – „für ein Honorar von 600 D-Mark“, erinnert sich der FH-Absolvent. Mittlerweile ist das Aachener Büro weltweit führend, 21 Formel-1-Rennstrecken wurden von Tilke geplant und gebaut – und zusätzlich 70 weitere Rennstrecken. „Das Besondere ist, dass wir ein komplettes Paket anbieten“, sagt er, „mit allen notwendigen Gewerken der Bautechnik bis hin zu Elektrik und Elektronik. Dazu gehört nicht nur das Asphaltband selbst, sondern auch das Boxengebäude, Tribünen, Infrastruktur und sonstige Gebäude wie zum Beispiel Hotels.“ Das Aachener Büro beschäftigt weltweit 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Sein Sohn Dr. Carsten Tilke leitet seit 2017 als Geschäftsführer zusammen mit Hermann Tilke die Geschicke der Firma.
Derzeit sind drei neue Formel-1-Strecken in der Planung oder bereits im Bau. Erst im April 2020 wurde die neue Formel-1-Rennstrecke in Hanoi fertiggestellt. „Bei der Planung ist es wichtig, sich auf die lokalen Gegebenheiten einzustellen“, erzählt der Diplom-Ingenieur. Eine ausführliche Begutachtung des Grundstücks steht am Anfang, etwa in Bezug auf Himmelsrichtung, Topografie und mögliche Anbindungen. Danach wird der Streckenverlauf geplant – gern unter Zuhilfenahme von farbigen Wollfäden, die auf einem dreidimensionalen Modell drapiert werden und mögliche Streckenverläufe zeigen.
„Bei der Planung ist es wichtig, sich auf die lokalen Gegebenheiten einzustellen.“
Bei der Planung der Hochbauten werden landestypische Elemente berücksichtigt. Dafür sorgt ein hauseigenes Team aus erfahrenen Architektinnen und Architekten. Aber auch beim Bau der Strecke können besondere Herausforderungen auftreten. „In China haben wir auf einem 300 Meter tiefen Sumpf gebaut“, erzählt Tilke. „Wir haben erst mal 40 000 Pfähle in den Boden gerammt, um anschließend eine bis zu 14 Meter hohe Styroporschicht einziehen zu können.“ Diese Technik haben die Aachener Ingenieure sich bei Eisenbahnbauern in Norwegen abgeschaut, die vor ähnlichen Problemen standen. Eines aber ist immer klar: „Wir müssen pünktlich fertig werden“, sagt Tilke, „und wir haben immer wenig Zeit. Eben ein schnelles Business.“
„Wir müssen pünktlich fertig werden und wir haben immer wenig Zeit. Eben ein schnelles Business.“
Bildreferenzen:
Thilo Vogel
Tilke