Studentenleben, Lotterleben? Von wegen: Wer sich vom Gegenteil überzeugen wollte, musste nur – vor der Coronapandemie – um 7 Uhr morgens einen Abstecher zum Campus Eupener Straße der FH Aachen machen. Eine lange Schlange studentischer Frühaufsteherinnen und Frühaufsteher zog sich durch die Flure bis hinaus auf das Campusgelände. Gibt es etwas umsonst? Weit gefehlt: Die Studierenden möchten ab der ersten Öffnungsminute einen Lernplatz des Lesesaals, der 2019 neu eröffnet wurde, in der Bibliothek haben. Und das trotz steigender Recherchemöglichkeiten im Internet, E-Journals und digitaler Publikationen. Da kommt die Frage auf, warum Bibliotheken trotz digitaler Informationsflut so gefragt sind.
Zwar wächst das Wissen in der Welt exponentiell. Aber damit wächst auch die Notwendigkeit, die Spreu vom Weizen zu trennen.
Andrea Stühn, Bibliotheksleiterin der FH Aachen, kennt die Antwort: „Zwar wächst das Wissen in der Welt exponentiell. Aber damit wächst auch die Notwendigkeit, die Spreu vom Weizen zu trennen: Bibliotheken haben die Aufgabe, gesicherte Informationen (also keine Fake News) für ihre Nutzergruppen zu beschaffen und zu erschließen. Und schließlich bieten sie Begegnungsräume für konzentriertes und auch gemeinschaftliches Arbeiten. Diese können, wenn sie – wie unser neuer Lesesaal – eine hohe Aufenthaltsqualität bieten, auch identifikationsstiftend für die Hochschule sein.“
Es herrscht eine Lernatmosphäre, die spornt an.
Das sehen auch die Studierenden so, deren Wecker an diesem Morgen schon früh geklingelt hat: „Die Lernatmosphäre ist besser, wenn alle lernen. Das motiviert. Ich bleibe meistens von 8 bis 16.30 Uhr am Arbeitsplatz, wie in einem Büro“, sagt der Elektrotechnikstudent Nicholas Tix. „Es herrscht eine Lernatmosphäre, die spornt an“, ergänzt Malte Fischer, ein Studierender des Wirtschaftsingenieurwesens. Und Informatikstudent Lukas Radermacher bringt es auf den Punkt: „Hier gibt es keine Möglichkeit der Ablenkung. Zu Hause könnte man putzen, noch mal putzen oder spülen.“
Den Beweis für mehr Andrang auf Bibliotheken, trotz digitaler Flut, liefern letztlich die Zahlen: Von 2008 bis 2019 ist die Anzahl der Nutzerinnen und Nutzer trotz zunehmender Digitalisierung von 9203 auf 15 561 gestiegen. Zur Bibliothek der FH Aachen gehören neben der Bibliotheksverwaltung nicht nur der Lesesaal und die Bibliothek an der Eupener Straße, sondern drei weitere Bereichsbibliotheken in der Bayernallee, am Boxgraben und in Jülich. In den fünf Vorgängereinrichtungen der Hochschule vor 1971 gab es drei Planstellen und viel Ehrenamt durch Hochschullehrende für die Bibliothek. Ab 1976 waren es schließlich 14 Mitarbeitende in der Zentrale der Bibliothek und den Bereichsbibliotheken. Heute arbeiten 28 Beschäftigte in der Bibliothek der FH Aachen, um den Bedürfnissen der Studierenden und Lehrenden gerecht zu werden. 1976 umfasste der Bestand der Bibliothek 71 000 Bände – heute sind es 183 381 Bände. Hinzu kommen Zigtausende von Zugriffen auf E-Books, wissenschaftliche Zeitschriften und Datenbanken, die exklusiv für Angehörige der FH Aachen zur Verfügung stehen. Wissen stirbt eben nicht aus. Es wächst.
Bildreferenzen:
FH Aachen I Arnd Gottschalk