Von der Hohenstaufenallee in den Weltraum
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Von der Hohenstaufenallee in den Weltraum

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Eine Mission der besonderen Art beschritt die FH Aachen 2008. Mit COMPASS­1, einem selbst entwickelten und nach Raumfahrtanforderungen gebauten Pico-Satelliten, schafften Studierende der Hochschule den Sprung in den Weltraum. Mit einem Gewicht zwischen 0,1 und 1 Kilogramm gehört ein Pico-Satellit zu den Kleinsatelliten. Das Team hinter dem für eine FH bahnbrechenden Projekt bestand aus Studierenden, unterstützt von Professoren sowie Mitarbeitern des Fachbereichs Luft­ und Raumfahrttechnik. COMPASS-1 war der zweite deutsche CubeSat – ein in seiner Grundeinheit würfelförmig aussehender Satellit – der von Europa in den Weltraum geschickt wurde.

Picosatelliten sind besonders klein und leicht
Picosatelliten sind besonders klein und leicht

Der Start vom indischen Weltraumbahnhof

Der Start erfolgte am 28. April 2008 vom indischen Weltraumbahnhof Sriharikota. 15 Minuten nach dem Start erreichte COMPASS-1 funktionstüchtig seine sonnensynchrone Umlaufbahn in 635 Kilometern Bahnhöhe. Beim zweiten Überflug über Deutschland empfing die Bodenstation auf dem FH­Gebäude in der Hohenstaufenallee ein erstes Lebenszeichen in Form von Morsesignalen. Diese Signale lieferten die bei weiteren Überflügen eine große Menge an Daten.
Obwohl der Satellit nur für eine Betriebsdauer von einem halben Jahr ausgelegt war, zog er fast vier Jahre lang bis zu 15 Mal am Tag funktionierend seine Orbits um die Erde – kein anderer deutscher CubeSat konnte damals eine vergleichbare Betriebsdauer vorweisen. Und noch immer umkreist COMPASS-1 die Erde, mittlerweile allerdings als funktionsloser Würfel.

Das COMPASS-1-Team auf dem Dach des FH-Gebäudes in der Hohenstaufenallee
Studierende des COMPASS-1-Teams präsentieren auf dem Dach des FH-Gebäudes in der Hohenstaufenallee ihre selbst entwickelten Picosatelliten

Es ist ein unglaubliches Gefühl, eigenhändig einen echten Satelliten zu entwickeln und ihn anschließend ins Weltall zu befördern.

Johannes Piepenbrock, damaliges Mitglied des COMPASS-1-Teams

Die größte Herausforderung ist die Kommunikation mit dem Satelliten

Vier Jahre intensiver Arbeit steckten in dem Projekt. Vor allem die Kommunikation mit dem Satelliten stellte eine besondere Herausforderung dar. Sie erfolgte anfänglich noch stotternd, da die Bodenstation des Fachbereichs nur unregelmäßig Kontakt zum Satelliten herstellen konnte. Das Team bewies aber ein glückliches Händchen mit der Entscheidung, die Kommunikation über Amateurfunkfrequenzen zu betreiben. Denn durch diesen Umstand konnten weltweit private Amateurfunkerinnen und -funker in das Projekt eingebunden werden, welche die empfangenen Daten via Internet nach Aachen übermittelten. Auf diese Weise entstanden Kontakte in die USA, inklusive Hawaii, nach Japan, Neuseeland und Brasilien.

Das Ziel wurde mehr als übertroffen

Das Minimalziel, ihn unbeschadet in den Orbit zu bringen und seine Signale zu empfangen, haben die Studierenden problemlos erreicht. Die zu testenden neuen Technikkomponenten, deren Haltbarkeit und Leistungsfähigkeit im Orbit untersucht wurden, hatten den Härtetest überstanden und funktionierten einwandfrei. Auch das Lageregelungssystem, welches den Satelliten in einer konstanten Fluglage hält, hatte sich bewährt. COMPASS-1 reagierte auf Kommandos der Bodenstation und unterstützte den Download von Housekeeping-Daten, also Informationen über den Systemzustand.
Fehler und Probleme hielten sich in Grenzen und waren die Herausforderung für das Betriebsteam. Lediglich die Energieversorgung machte dem Team Sorgen: In den ersten Wochen mussten vorsichtig alle zusätzlichen technischen Verbraucher am Satelliten abgeschaltet werden, die nicht zwangsläufig benötigt wurden, um das Energieniveau des Satelliten wieder in einen normalen Bereich zu bringen.
Johannes Piepenbrock, damals als Student Mitglied des COMPASS­1­Teams, stellte nach der erfolgreichen Projektdurchführung fest: „Es ist ein unglaubliches Gefühl, eigenhändig einen echten Satelliten zu entwickeln und ihn anschließend ins Weltall zu befördern.“ Es war ein großer Schritt für die Studierenden und ein Highlight in den Arbeiten der Studierenden an der FH Aachen.

Bildreferenzen:

NASA Space Center (Titelbild)
FH Aachen | Jeanne Niermann

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