Explosionsartig schießen Eisfontänen bis zu 100 Kilometer aus Spalten und Rissen des eisbedeckten Mondes in die Höhe. Kryovulkanismus wird dieses Phänomen auf dem Saturnmond Enceladus genannt und wurde dort das erste Mal 2005 von der Raumsonde Cassini beobachtet. Als die Sonde durch die Fontänen flog, entdeckte sie bis dahin kaum Vorstellbares darin: organische Verbindungen. Es besteht also die Chance, dass wir auf Enceladus, auf dessen Oberfläche im Schnitt −200 Grad Celsius herrschen, außerirdisches Leben finden.
Ozeane auf dem Mond
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind mittlerweile überzeugt, dass es unter der Eisoberfläche riesige Flüssigsalzwasserozeane gibt. In ihnen könnten sich Mikroorganismen entwickelt haben. Wenn das Wasser aus der Mondoberfläche schießt, gefriert es sofort und die Mikroorganismen zerplatzen. Zurück bleiben lediglich organische Verbindungen. Um diese Theorie zu bestätigen, muss man also unter die eisige Oberfläche bis dorthin gelangen, wo das Wasser noch in flüssiger Form existiert. Dabei könnte eine Entwicklung der FH Aachen helfen: Der IceMole – zu Deutsch Eismaulwurf – ist eine einzigartige Einschmelzsonde, die autonom durch das Eis navigieren und Proben sammeln kann.
Der Name des neuen Projekts: EnEx – Enceladus Explorer
Was 2010 mit einem Studierendenprojekt am Fachbereich Luft- und Raumfahrttechnik unter der Leitung von Prof. Dr. Bernd Dachwald in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Gerhard Artmann vom Institut für Bioengineering der FH Aachen begann, entwickelte sich zu einem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) geförderten Verbundprojekt unter Federführung der FH Aachen. Der Name des Projekts: EnEx – Enceladus Explorer.
Der Enceladus Explorer besteht aus einem Lander, der als Basisstation dient, z. B. zur Energieversorgung, und dem IceMole. Über ein Verbindungskabel erfolgen die Energieversorgung der Einschmelzsonde sowie die Kommunikation zwischen beiden Einheiten. Der IceMole schmilzt und bohrt sich in eine Tiefe von etwa 100 Metern in das Eis bis zu einer wasserführenden Spalte vor.
Ein Navigationssystem für den IceMole
Das ist eine Herausforderung, denn: Wie soll der IceMole seinen Weg durch das Eis bis zum flüssigen Wasser finden? Im Eis des Enceladus gibt es kein globales Navigationssatellitensystem oder Bezugspunkte, die wir von der Erde kennen, wie ein stabiles Magnetfeld oder Gestirne. Die Sonde muss also selbstständig Abstände und Winkel messen, ihre Position und Orientierung bestimmen und Hohlräumen und Einschlüssen ausweichen können. Gemeinsam mit der RWTH Aachen, der Universität der Bundeswehr München, der TU Braunschweig, der BU Wuppertal und der Universität Bremen wurde daher vor allem daran gearbeitet, eine komplexe Navigationslösung für den IceMole zu finden.
So bald werden wir den IceMole allerdings nicht auf Enceladus sehen.
Die Funktionen der FH-Sonde selbst wurden bereits bei mehreren Feldtests erforscht und weiterentwickelt, zum Beispiel auf Gletschern in der Schweiz, in Italien und auf Island. Sogar in der Antarktis war sie schon und nahm Proben von einem seit Jahrmillionen von der Außenwelt abgeschlossenen See unter einem Gletscher. „So bald werden wir den IceMole allerdings nicht auf Enceladus sehen“, sagt Prof. Dachwald. Bis sich die Einschmelzsonde auf die Reise machen kann, um dort nach außerirdischem Leben zu suchen, wird es noch ein wenig dauern: „Es ist unwahrscheinlich, dass eine solch komplexe Mission innerhalb der nächsten 20 Jahre finanziert und realisiert werden kann.“
Raumfahrtfaszination bei Studierenden
Im Rahmen des Studierendenprojekts Viper wurde bereits 2018 ein Schmelzexperiment auf einer Höhenforschungsrakete in den Weltraum geschossen. Ein weiteres Studierendenprojekt namens Micro Moon erforscht den Kryovulkanismus des Enceladus auf einer weiteren Höhenforschungsrakete, die 2022 starten soll.
Mehr über das Projekt
Bildreferenzen:
FH Aachen | Thilo Vogel (Titelbild)
Marco Feldmann
FH Aachen | Pia Wilbrand (Bild rechts)