Eine zündende Idee
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Eine zündende Idee

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Tick. Tick. Tick. Mit bloßem Auge sind die Zündfunken zu sehen, die die Plasmazündkerze abgibt. Prof. Dr. Holger Heuermann dreht am Regler. Tickticktick. Die Frequenz steigt und an der Spitze der Zündkerze ist ein rosa-violettes Flimmern zu sehen. „Hören Sie, wie sauber der Ton ist?“, fragt Prof. Heuermann. Die Zündkerze, die er mit seinem Team im Labor des Instituts für Mikrowellen- und Plasmatechnik (IMP) der FH Aachen entwickelt hat, steht kurz vor der Markteinführung. Die entscheidenden Tests hat sie bestanden. Nach mehr als zehn Jahren Forschung ist damit der Weg frei für sparsamere und sauberere Automotoren.

Noch vor wenigen Jahren galten benzinbetriebene Motoren als nicht zukunftstauglich, da der Spritverbrauch höher als bei vergleichbar starken Dieselmotoren war. Die Diskussion um Stickoxid- und Feinstaubemissionen, um Gesundheitsschäden und Fahrverbote hat dem Benzinmotor Aufwind verschafft. Damit rückt auch die Aufgabe, diesen Motorentyp sparsamer zu machen, wieder ins Zentrum. Gelingen soll das, indem ein „mageres“ Kraftstoff-Luft-Gemisch zur Verbrennung im Zylinder genutzt wird. Dieses Gemisch ist allerdings schwerer zu entzünden und bringt herkömmliche elektrische Zündkerzen an ihre Grenzen.

Hat die entscheidenden Tests bestanden: Die neue Zündkerze aus dem IMP der FH Aachen steht kurz vor der Markteinführung

Hier kommt Prof. Heuermanns neue Plasmazündkerze ins Spiel, für deren Entwicklung er 2019 mit dem Forschungspreis der FH Aachen ausgezeichnet wurde. Sie kann problemlos bei einem Druck von 40 bar und damit im Magerbetrieb zünden. Die nächsten Schritte für das Team rund um den Forscher aus dem Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik sind schon geplant. Neben dem naheliegenden Einsatz in der Automobilindustrie sind die Anwendungsmöglichkeiten der neuen Technik vielfältig. Zukünftig sollen etwa Blockheizkraftwerke mit der Plasmazündkerze betrieben werden. Auch für sogenannte Multi-Fuel-Lösungen – also für den Einsatz verschiedener Brennstoffe in einem Motor – eignet sich die neue Zündkerze.

Was ist Plasma?

Was aber steckt hinter der Plasmatechnologie, auf der die neu entwickelte Zündkerze basiert? Mit dem Begriff Plasma bezeichnet man in der Physik ein Gas, das teilweise oder vollständig aus freien Ladungsträgern besteht, also aus Ionen oder Elektronen. 99 Prozent der sichtbaren Materie im Universum besteht aus Plasma. Natürliche Plasmen auf der Erde findet man etwa in Blitzen, auch Flammen sind plasmaähnlich. Bei der Zündkerze wird der Zündfunke durch eben dieses Plasma gebildet. Der Kern der Entwicklung ist die Ansteuerelektronik, die dafür sorgt, dass das Plasma kontrolliert und konstant brennt. 2016 war dem FH-Forscherteam der Durchbruch gelungen, als sie es erstmals schafften, einen vollständigen integrierten Schaltkreis auf einem 2 × 2 Millimeter großen Chip unterzubringen. Diese Elektronik wird jetzt auch für die Zündkerze genutzt, sie sorgt dafür, dass die für die Plasmaerzeugung nötigen Frequenzen bereitgestellt werden.

Prof. Holger Heuermann zeigt die Plasmazündkerze, für deren Entwicklung er 2019 mit dem Forschungspreis der FH Aachen ausgezeichnet wurde

Vielfältige Einsatzmöglichkeiten

Auch abseits von Motoren lässt sich die Plasmatechnologie vielfältig einsetzen. Zum Beispiel bei der Luftreinigung in Krankenhäusern. Plasma ist ein echtes Multitalent. Mit Prof. Heuermanns Technik lässt sich große Hitze punktgenau aufbringen – etwa wenn es um die Reinigung von Oberflächen in industriellen Produktionsprozessen geht. Skalpelle, Beamerlampen, das Härten von Glas, der Einsatz im Bereich Rapid Prototyping … die Liste möglicher Einsatzbereiche ist lang. Derzeit laufen mehrere Forschungsprojekte am IMP, die weitere plasmabasierte Produkte zur Marktreife bringen sollen.

Bildreferenzen:

FH Aachen I Arnd Gottschalk

 

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